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Programme und Materialien für den Mathematikunterricht

400-km Brevet bei ARA-Breisgau am 7. Mai 2011


Beim Briefing im Augustiner kurz vor dem Start Beim Briefing im Augustiner kurz vor dem Start
Entscheidungen gibt es viele an einem Brevet-Tag. Manche trifft man selber, auf andere hat man keinen Einfluss. Die Entscheidung über die Streckenwahl überlässt man gerne den Organisatoren der ARA-Breisgau-Brevets. Bei der 400-Kilometer­runde führt uns Urban wieder auf einer abwechs­lungs­reichen Runde durch Schwarzwald, Baar, Hochrhein- und Bodenseegebiet, Hegau und die Schwäbische Alb.
     Bereits am Vortag entscheide ich mich dafür, eine gewissenhafte Vorbereitung einer vielleicht etwas angenehmeren Abendgestaltung vorzuziehen. Beim 300er eine Woche zuvor hatte ich das Experiment gewagt, am Abend vorher ausgiebig zu feiern und das Nachtleben in vollen Zügen zu genießen. Krämpfe nach 80 Kilometern haben mir dann schmerzhaft verdeutlicht, dass man auch die weniger langen Brevet-Strecken nicht auf die leichte Schulter nehmen darf. Dass nach zwei Dritteln der Strecke der Knoten dann doch platzte und ich zu meiner gewohnten Brevetform zurückgefunden habe, hinterließ am Ende dann aber doch einen gewissen Optimismus.
Die erste gravierende Entschei­dung sollte mir dann gegen 8.30 Uhr an den Steilstücken der Spirzen­straße abverlangt werden. Der bevor­stehende Ritt über fast 4000 Höhenmeter zwingt eigentlich zur Zurückhaltung an den ersten Steigungen. Hier seine Körner zu verschießen kann mühevolle Quälerei nach sich ziehen. Die anvisierte Zeit von 16 Stunden ist aber nur durch gemeinschaftlichen Kampf gegen den spürbaren Ostwind zu erreichen. Da fahren Sie nun scheinbar mühelos die langen steilen Kurven der eigentlich verhassten Spirzenstraße hinauf, diese trainierten Körper, die mit ihren mehr oder weniger bepackten Rennmaschinen zu verschmelzen scheinen, während ich mit dem mehr als üppigen Frühstück im Augustiner zu kämpfen habe. Ein großes Müsli, vier Brötchen, Croissants und mehrere Tassen Kaffee sollten eigentlich die Grundlage für diesen Tag legen, hindern mich aber in diesem Moment daran, meinen Mitfahrern irgendetwas Positives abzugewinnen. Ich entscheide mich trotzdem dafür, mich an deren Hinterrädern festzubeißen, denn eine ausgiebige Erholungsphase im Urach- und Bregtal würde ja folgen. Zum Glück sollte das der letzte Berg gewesen sein, der mir an diesem Tag Schwierigkeiten bereitet.
Im Urachtal Im Urachtal
Ein ansehnliches Fahrerfeld nimmt nach der ersten Kontrolle in Bräunlingen die nächste Welle hinauf nach Fürstenberg. Auf der anderen Seite fahren wir bei hoch­sommer­lichen Temperaturen durchs Aitrachtal, einem breiten Hochtal, das eine hydrologische Besonderheit darstellt: Der Bach hat keine eigene Quelle, sondern entsteht aus einer Flussbifurkation. Hier floss noch vor 70.000 Jahren die sogenannte Feldbergdonau, bis sie sich dann dazu entschied, als Wutach nach rechts abzubiegen und nicht ins schwarze Meer sondern in die Nordsee zu fließen. Diese beharrliche Zähigkeit, mit der Flüsse und Bäche Landschaften formen, erinnert mich irgendwie ans Brevet-Fahren. Nur habe ich da manchmal den Eindruck, dass die Randonneure eher von den Landschaften geformt werden als umgekehrt.
     Nach dem nächsten landschaftlichen Höhepunkt, dem Rheinfall in Schaffhausen, zeigt meine Entscheidung vom Spirzen Wirkung: In einer Achtergruppe trotzen wir gekonnt dem Gegenwind, so dass die eineinhalb Stunden auf der Schweizer Seite bis nach Konstanz wie im Flug vergehen.
Bei der dritten Kontrollstelle in einer Sport­gaststätte in Konstanz begrüßen uns sehr freundliche und gute gelaunte Bedienungen. Die bewun­dernden Blicke, die sie uns nach dem Stempeln unserer Brevet-Karten (Kontrolle 3 - 153 km) zuwerfen, lassen uns noch stolzer werden als wir ohnehin schon sind. Interessiert fragen sie nach unserem Vorhaben und zeigen große Anerkennung für die körperliche Herausforderung, der wir uns an diesem Tag stellen. Trotz angesichts dieser sehr angenehmen weiblichen Gesellschaft entscheiden wir uns, gleich weiter zu fahren. Eine Rast in einer Bäckerei bei einem Supermarkt scheint uns irgendwie zeitsparender zu sein. Wieso sollte uns ehrgeizigen Sportlern eine freundliche Begegnung denn wichtig sein? Die einzigen Berührungen, auf die wir an einem solchen Tag aus sind, sind die fünf Schnittstellen unserer Körper zu unseren Maschinen an zwei Pedalen, zwei Lenkerhälften und einem Sattel. Unser Entschluss stellt sich kurze Zeit später aber leider als (zum Glück einzige) krasse Fehlentscheidung heraus: Zum einen ist der Verkäufer nicht annähernd so freundlich wie die Damen in der Gaststätte und zum anderen dauert die Pause dann trotzdem deutlich länger als 20 Minuten.
Malerisches schweizer Örtchen Dissenhofen Malerisches schweizer Örtchen Dissenhofen
Auf den Hügeln des Bodanrücks erwarten uns auffällig viele über­motor­isier­te mehr oder weniger junge Männer. Was bewegt einen Menschen dazu, in ein solch Energie­verschwen­derisches Gefährt auf vier Rädern zu steigen und damit durch die sonnige Seelandschaft zu rasen? Sind die Fahrer sich dessen bewusst, dass ihre Motoren mindestens dreihundert mal mehr Leistung haben als die, mit der wir uns fortbewegen, dass sie aber nur doppelt, höchstens drei mal so schnell unterwegs sind wie wir? Oder ist es das Balzgehabe von dem Walter in seinem Bericht schreibt? Wir sind doch die wahren Helden der Landstraße, denn uns haben die jungen Damen in Konstanz ihren Respekt gezollt. Allerdings sind die Hupen der anderen lauter, die den Unmut der Autofahrer unüberhörbar kundtun, wenn wir beim Führungswechsel mehr Platz auf der Straße brauchen als den Unterlegenen lieb ist.
     Je weiter wir uns vom See entfernen desto ruhiger werden die Straßen. Möglichkeiten zum Reden gibt es trotzdem kaum, denn hoch konzentriert bewältigen wir die vielen Wellen um uns dann in rasender Abfahrt Richtung Beuron im Donautal zu stürzen.
Hier bietet die Pilger­gaststätte eine willkommene Abwechslung vom Fahrradsattel bei Käsekuchen und Cappuccino. Wie so oft an einer Kontrollstelle trifft man Fahrer anderer Gruppen und je nach persönlicher Pausenlänge werden die Gruppen dann neu gemischt. Ich finde mich wieder in einer starken Gruppe, in der die folgenden 90 Kilometer bis nach Freudenstadt ein Kinderspiel sind. Das Terrain ist zwar recht hügelig, aber die Berge sind für mich heute viel angenehmer zu fahren als vor einer Woche beim 300er. Die gewissenhafte Vorbereitung war eine wirklich gute Entscheidung.
     Die letzte Kontrollstelle auf der Strecke ist eine Tankstelle in Freudenstadt. Während die anderen sich in aller Ruhe verpflegen, habe ich etwas Hektik wegen einer notwendigen Reparatur: Auf der Holperstrecke hinunter ins Glatttal hat sich die Halterung meines Scheinwerfers verabschiedet. Jetzt heißt es Bremse abmontieren, Scheinwerfer justieren, Bremsklötze nachstellen und das alles in Windeseile, denn mit meinen wohlvertrauten Begleitern will ich unbedingt weiter fahren. Sie würden aber nicht all zu lange auf mich warten.
Abfahrt nach Balingen Abfahrt nach Balingen
Kurz bevor wir das letzte Teilstück in Angriff nehmen kommt die nächste Gruppe angeflogen. Der Kommentar eines Kollegen: "Ah, Ihr habt ja Euer Nachtgewand schon angelegt." Gemeint sind alle möglichen Strahler an Rädern und Helmen und die beim Brevet-Fahren vorgeschriebenen Sicherheitswesten.
     Nach 350 gefahrenen Kilometern bäumt sich kurz nach den Vogtsbauernhöfen in Gutach vor uns die nächste Naturgewalt auf: Das Landwassereck. Hätten nicht Gutach oder Kinzig lange genug Zeit gehabt, sich für eine Richtungsänderung zum Elztal hin zu entscheiden? Es wäre dann für uns ein deutlich leichteres Unterfangen, Freiburg zu erreichen. Vielleicht entschied sich die Natur aber auch ganz bewusst dafür, einige durchgängige Höhenrücken stehen zu lassen. Denn so schafft sie es, Radfahrer zu formen. Zum Glück ist es stockdunkel, so dass die geschundenen Gesichtsausdrücke kaum wahrzunehmen sind.
     Am Fuße der 18%-Steigung enteilt uns Christian, ein ehemaliger Schweizer Radrennfahrer, scheinbar mühelos.
An den drei Watt, die ihm mehr für die Überwindung der Höhen­differenz zur Verfügung stehen weil er eine Akku­beleuchtung hat, kann es nicht liegen. Bewusst entscheide ich mich dafür, mein eigenes Tempo zu fahren, denn es sind ja noch 50 Kilometer bis ins Ziel. Dass sich die Scheinwerfer meiner anderen Kollegen immer weiter nach hinten entfernen und auf dem Pass gar nicht mehr zu sehen sind, ist deren Entscheidung, freiwillig oder unfreiwillig. Wir entscheiden uns jedenfalls dafür, nicht auf die anderen zu warten. Mit Christian, zudem ich am Ende des Anstieges dann doch aufgefahren bin, fliege ich die letzten 40 Kilometer begleitet von zeitweise heftigen Seitenwindböen in etwas mehr als einer Stunde durch die Dunkelheit nach Freiburg. Um 23.25 Uhr nach 15,5 Stunden bin ich exakt auf den Punkt am Ende meiner Kräfte. Wegen der intensiven Sonne des ganzen Tages oder weil die letze Pause durch die Reparatur doch etwas stressig war, sackt mein Kreislauf in den Keller - der 30er Schnitt war wohl doch entschieden zu viel. So bleibt nur eine Entscheidung: Auf die Bank liegen und die Füße auf den Tisch legen - im Augustiner ist man uns Radfahrern ja zum Glück wohl gesonnen.
Gute Stimmung in der Gruppe Gute Stimmung in der Gruppe
Als mich meine Umwelt nach einer Weile der Ruhe und Entspannung wieder hat, wird mir bei den Gesprächen mit den Gleichge­sinnten klar, dass die Ent­scheidung, durch das Brevet-Fahren meinem geliebten Hobby, dem Radsport, eine ganz neue Wendung zu geben, die einzig richtige war.

Route: www.bikemap.net/route/484682

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